Tabuthema Demenz
„Demenz ist noch immer ein Tabu-Thema“
Jutta Barz leitet das Demenznetz Haan, hat es vor 13 Jahren mitgegründet und möchte über die Krankheit weiter die Öffentlichkeit informieren.
Rund 1,6 Millionen Menschen sind deutschlandweit an Demenz erkrankt. 900 Menschen kommen täglich neu hinzu. Und auch im Kreis Mettmann steigt die Zahl stetig. Rund 11.000 Betroffene sind es derzeit. „Der Kreis geht aber davon aus, dass es schon im Jahr 2040 rund 15.500 Personen sein werden“, ist sich Jutta Barz sicher. Sie leitet seit Gründung im Jahre 2009 das Demenznetz Haan. Im Rahmen einer kreisweiten Qualifizierungsoffensive Demenz hatte sich der Kreis Mettmann die Aufgabe gestellt, ein solches Netzwerk in allen kreisangehörigen Städten zu etablieren. Eine gute Idee, von der Jutta Barz bis heute überzeugt ist.
Bis Ende 2011 wurde das Netzwerk vom Kreis betreut, danach stieg die Stadt federführend ein. Seit Januar 2018 erhält das Netzwerk einen Zuschuss aus dem städtischen Haushalt, die Geschäftsführung hat wiederum der Ortsverein der Awo Haan übernommen. Es kam also zusammen, was vom Grundgedanken generell zusammengehörte, denn das Demenznetz Haan ist eine Institution, die sich sowohl an Erkrankte als auch an Angehörige richtet. Auf niederschwellige Art können sich Menschen Informieren und Hilfe erhalten. So bietet das Demenznetz beispielsweise einen Runden Tisch für Angehörige, Pflegende und Betreuende an. Dieser findet jeden ersten Dienstag im Monat in der Zeit von 19.30 bis 21 Uhr in den Räumen der Awo an der Breidenhofer Straße statt.
„Neu ist zudem die Angehörigengruppe in Gruiten, deren Resonanz wir in Zukunft testen möchten“, erklärt Jutta Barz. In Gruiten findet das Treffen jeden ersten Donnerstag im Monat in der Zeit von 10 bis 11.30 Uhr im Café Supernah an der Thunbusch Straße statt. Ein besonderes Merkmal weist die Gruppe in Gruiten zusätzlich auf, denn sie findet in der Öffentlichkeit statt. „In der Awo sitzt man sehr geschützt, dabei ist Demenz durchaus ein Thema, über das man auch öffentlich sprechen sollte. Vielleicht hören Menschen vom Nachbartisch mit und beteiligen sich am Gespräch. Das ist die Grundidee hinter der neuen Gruppe“, so Jutta Barz.
Ein weiteres Angebot des Demenznetzes ist die Gute Stube. Sieben bis acht Besucher können gleichzeitig in Räumen des Hauses am Park (Bismarckstraße) betreut werden. Jeden Mittwoch von 9 bis 12 Uhr stehen die Türen der Guten Dtube offen, Ehrenamtler kümmern sich in dieser Zeit um die Demenzerkrankten, spielen, essen und singen mit ihnen. „Die Angehörigen merken, dass sie ihre Familienmitglieder im Anschluss viel lebendiger wiederbekommen“, ist sich Jutta Barz sicher und ergänzt, dass aktuell noch ein Platz zur Verfügung steht. Die Teilnahme kann mit der Pflegekasse abgerechnet werden, Anmeldungen sind über das Haus am Park (02129/374 37 10) möglich.
An drei Nachmittagen können Interessierte einen Schulungskurs „Leben mit Demenz“ durchlaufen. Der Kurs wird in Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft NRW und der AOK Rheinland/Hamburg angeboten und enthält acht Module mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Der nächste Kurs startet im Frühjahr 2023. Auf alle Fragen rund um Betreuungsformen, die Krankheit selbst oder zu Unterstützungsmöglichkeiten erhält der Ratsuchende bei der Demenzsprechstunde Antworten. Seit 2018 findet diese Sprechstunde jeden vierten Mittwoch im Monat in der Zeit von 17 bis 18 Uhr in den Räumen der Awo statt.
Für Jutta Barz ist die Arbeit im Netzwerk ein Herzensanliegen. Bis vor wenigen Wochen hatte sie die Leitung des Netzwerkes als Funktion der Awo-Einrichtungsleitung inne. Mit Beginn des Ruhestandes stand für die Seniorin jedoch fest, dass sie so ganz ohne das Netzwerk, dem auch etliche Einrichtungen und Kompetenzstellen angeschlossen sind, nicht kann. „Es brennt mir auf der Seele, das Thema weiter in die Öffentlichkeit zu tragen und mich dafür einzusetzen“, so Jutta Barz, die somit noch immer einen hauptamtlichen Teil übernimmt. Aber auch ehrenamtlich setzt sie sich für das Netzwerk ein. „Mit den Stunden würde ich sonst gar nicht hinkommen“, erklärt die Demenznetz-Leiterin.
Für die Zukunft stehen noch einige interessante Termine an. So findet am Freitag, 16. September, ein Vortrag zum Thema „Patienten- und Betreuungsverfügungen sowie Vorsorgevollmachten“ in den Räumen der Awo statt. Los geht es um 17 Uhr. Am Dienstag, 29. November sind gleich zwei Termine vorgesehen. Referiert wird über das Thema „Gelingende Kommunikation bei Demenz“. Interessierte können entweder in der Zeit von 10 bis 11.30 Uhr oder 17.30 bis 19 Uhr teilnehmen.
„Im nächsten Jahr planen wir auch wieder unseren Demenz-Infotag. Dort haben Einrichtungen, Fachstellen und andere Akteure die Möglichkeit, sich zu präsentieren“, so Jutta Barz, die ein genaues Datum noch nicht benennen kann. Und wer selbst aktiv werden möchte, für den bietet die Stadt Hilden die Basisqualifikation zur Begleitung von pflegebedürftigen Menschen mit und ohne Demenz an. Der Kurs beinhaltet elf Termine und kostet 140 Euro. „Wir kooperieren mit der Stadt Hilden, die diese Qualifikation abwechselnd mit uns anbietet“, erklärt Jutta Barz weiter. Der nächste Kurs startet am Dienstag, 23. August, um 18 Uhr im Nachbarschaftszentrum St. Marien an der Meide 2 in der Nachbarstadt Hilden.
Aus der Westdeutschen Zeitung vom 28.07.2022 / Redakteurin: Tanja Bamme